Sucht- und Drogenpolitik: Berauschende Perspektiven?
aus dem Abschnitt "Sucht- und Drogenpolitik" der
REGENBOGEN - Standpunkte
(verabschiedet auf der ordentlichen Mitgliederversammlung von REGENBOGEN - Für eine neue Linke am 31.3./1.4.2001)
Süchte sind ein gesellschaftliches Phänomen, manchmal erlaubt, akzeptiert oder sogar erwünscht (wie die Arbeitssucht), manchmal verfemt, stigmatisiert und kriminalisiert. Suchtverhalten ist immer problematisch, aber ein Abstinenzdogma und das rigorose Verbot bestimmter Formen des Rauschmittelkonsums sind völlig ungeeignete Antworten. Im Gegenteil: Kriminalisierung führt häufig erst zu den negativen Folgen von Abhängigkeit und Sucht, wie Verelendung, Beschaffungskriminalität oder Prostitution. Gleichzeitig muss deutlich gesagt werden, dass exzessiver Konsum harter wie weicher Drogen gesundheitsgefährdend ist, krank macht und häufig zu einer geringeren Lebenserwartung führt.
REGENBOGEN geht davon aus, dass die Vorstellung einer Gesellschaft ohne Rauschmittelkonsum und Suchtverhalten abwegig oder doppelmoralisch ist. Wir akzeptieren das "Recht auf Rausch" und treten für eine Entkriminalisierung aller Formen des Rauschmittelkonsums ein.
Für Menschen, die in Abhängigkeit von einem Rauschmittel geraten sind, braucht es ein funktionierendes Hilfesystem, das allen die Möglichkeit bietet, ihre Sucht zu überleben und auch einen Weg aus ihr herauszufinden.
Seit vier Jahren erleben wir ein kontinuierliches Roll-back in allen Bereichen der Drogen- und Suchthilfepolitik: Der versprochene szenenahe und bedarfsorientierte Ausbau der Gesundheitsräume wird verschleppt, zu Lasten der DrogenkonsumentInnen und der übrigen BewohnerInnen etwa in St. Georg oder dem Schanzenviertel. Auch der rot-grüne Senat setzt auf Vertreibung der offenen Drogenszenen, wohl wissend, dass Polizei und Bundesgrenzschutz das Problem nur von einem Viertel in das nächste verlagern. Das verstärkte Auftauchen von Crack wird vom Senat konsequent ignoriert. Drogen- und Suchthilfe orientiert sich zunehmend daran, Drogenszenen unsichtbar zu machen, aber nicht mehr in erster Linie daran, was die betroffenen Menschen zum (Über-)Leben brauchen.
Immer stärker wird die Tendenz der Sozialpolitik, ihre Verantwortung abzugeben und sie den Krankenkassen aufzubürden. Hilfe bekommen zunehmend nur diejenigen, die offiziell als "krank" akzeptiert werden. Das bedroht die Akkupunkturbehandlung genauso wie die Substitution. Erfolgreiche Hilfeeinrichtungen wie die ambulante Entgiftung Heroinabhängiger oder die Zentralambulanz für Betrunkene wurden vom rot-grünen Senat geschlossen oder rigoros zusammengekürzt. Sowohl im Bereich der legalen Drogen wie Alkohol und Tabak als auch im Bereich der stoffungebundenen Süchte wie etwa der Glücksspielsucht, findet eine Drogen- und Suchthilfepolitik in Hamburg nicht statt. Bei rund 14.000 KonsumentInnen illegaler Drogen, etwa 700 bis 1.000 Crack-RaucherInnen, geschätzten 40.000 – 50.000 AlkoholikerInnen, 8.000 Glücksspielsüchtigen, einer unbekannten Anzahl Medikamentenabhängiger, Essgestörter usw. steht die Hamburger Drogen- und Suchthilfepolitik vor dem Bankrott.
Rauschmittelkonsum und Suchtverhalten wird nur noch als individuelle Krankheit wahrgenommen, aber nicht mehr als gesellschaftliches Problem. Dabei sind Kokain, Partydrogen, Esssucht, Glücksspiel- oder Arbeitssucht typische Symptome der heutigen Spassgesellschaft und ihrer Ideale von Schönheit, Flexibilität und Leistungsfähigkeit.
Egal, um welchen Bereich es geht: Drogen- und Suchthilfepolitik muss in erster Linie danach fragen, wie den betroffenen Menschen in ihrer schwierigen Lebenssituation geholfen werden kann. Dazu gehört auch der VerbraucherInnenschutz und die VerbraucherInnenberatung bei illegalen Drogen einschließlich der so genannter Designer-Drogen. Und letztlich darf auch der Drogenhandel nicht tabuisiert werden. Für Abhängige ist der Dealer überlebensnotwendig, das gilt für Heroin wie für Alkohol. Der wirksamste Schritt zur Hilfe ist also die kontrollierte Abgabe aller Rauschmittel.
REGENBOGEN tritt in Hamburg ein für:
* eine szenenahe und bedarfsgerechte Ausweitung von Gesundheitsräumen, die außerdem auf veränderte Konsumgewohnheiten wie Kokain und Crack angemessen reagieren können. Gesundheitsräume sind keine Verwahranstalten, sondern müssen ein attraktives Angebot für DrogenkonsumentInnen sein
* innovative Maßnahmen und Konzepte im Bereich der Glücksspielsucht, etwa nach dem Vorbild Schleswig-Holsteins
* eine differenzierte, bedarfs- und fachgerechte Ausstattung von Beratungsstellen, die Frauen mit Essstörungen und anderen frauenspezifischen Süchten ein Hilfsangebot bieten
* die Sicherung und den Ausbau der Zentralambulanz für Betrunkene und anderer niedrigschwelliger Hilfeangebote im Alkoholbereich
* ein Drogen-Checking und andere VerbraucherInnenschutzmaßnahmen für DrogenkonsumentInnen, für die Sicherung und den Ausbau der Akkupunkturbehandlung und für innovative Hilfeangebote für Crack-KonsumentInnen
* spezifische niedrigschwellige Angebote für Frauen und MigrantInnen
* die völlige Legalisierung so genannter weicher Drogen
* eine Ausweitung des Methadonprogramms.
REGENBOGEN - Standpunkte
(verabschiedet auf der ordentlichen Mitgliederversammlung von REGENBOGEN - Für eine neue Linke am 31.3./1.4.2001)
Süchte sind ein gesellschaftliches Phänomen, manchmal erlaubt, akzeptiert oder sogar erwünscht (wie die Arbeitssucht), manchmal verfemt, stigmatisiert und kriminalisiert. Suchtverhalten ist immer problematisch, aber ein Abstinenzdogma und das rigorose Verbot bestimmter Formen des Rauschmittelkonsums sind völlig ungeeignete Antworten. Im Gegenteil: Kriminalisierung führt häufig erst zu den negativen Folgen von Abhängigkeit und Sucht, wie Verelendung, Beschaffungskriminalität oder Prostitution. Gleichzeitig muss deutlich gesagt werden, dass exzessiver Konsum harter wie weicher Drogen gesundheitsgefährdend ist, krank macht und häufig zu einer geringeren Lebenserwartung führt.
REGENBOGEN geht davon aus, dass die Vorstellung einer Gesellschaft ohne Rauschmittelkonsum und Suchtverhalten abwegig oder doppelmoralisch ist. Wir akzeptieren das "Recht auf Rausch" und treten für eine Entkriminalisierung aller Formen des Rauschmittelkonsums ein.
Für Menschen, die in Abhängigkeit von einem Rauschmittel geraten sind, braucht es ein funktionierendes Hilfesystem, das allen die Möglichkeit bietet, ihre Sucht zu überleben und auch einen Weg aus ihr herauszufinden.
Seit vier Jahren erleben wir ein kontinuierliches Roll-back in allen Bereichen der Drogen- und Suchthilfepolitik: Der versprochene szenenahe und bedarfsorientierte Ausbau der Gesundheitsräume wird verschleppt, zu Lasten der DrogenkonsumentInnen und der übrigen BewohnerInnen etwa in St. Georg oder dem Schanzenviertel. Auch der rot-grüne Senat setzt auf Vertreibung der offenen Drogenszenen, wohl wissend, dass Polizei und Bundesgrenzschutz das Problem nur von einem Viertel in das nächste verlagern. Das verstärkte Auftauchen von Crack wird vom Senat konsequent ignoriert. Drogen- und Suchthilfe orientiert sich zunehmend daran, Drogenszenen unsichtbar zu machen, aber nicht mehr in erster Linie daran, was die betroffenen Menschen zum (Über-)Leben brauchen.
Immer stärker wird die Tendenz der Sozialpolitik, ihre Verantwortung abzugeben und sie den Krankenkassen aufzubürden. Hilfe bekommen zunehmend nur diejenigen, die offiziell als "krank" akzeptiert werden. Das bedroht die Akkupunkturbehandlung genauso wie die Substitution. Erfolgreiche Hilfeeinrichtungen wie die ambulante Entgiftung Heroinabhängiger oder die Zentralambulanz für Betrunkene wurden vom rot-grünen Senat geschlossen oder rigoros zusammengekürzt. Sowohl im Bereich der legalen Drogen wie Alkohol und Tabak als auch im Bereich der stoffungebundenen Süchte wie etwa der Glücksspielsucht, findet eine Drogen- und Suchthilfepolitik in Hamburg nicht statt. Bei rund 14.000 KonsumentInnen illegaler Drogen, etwa 700 bis 1.000 Crack-RaucherInnen, geschätzten 40.000 – 50.000 AlkoholikerInnen, 8.000 Glücksspielsüchtigen, einer unbekannten Anzahl Medikamentenabhängiger, Essgestörter usw. steht die Hamburger Drogen- und Suchthilfepolitik vor dem Bankrott.
Rauschmittelkonsum und Suchtverhalten wird nur noch als individuelle Krankheit wahrgenommen, aber nicht mehr als gesellschaftliches Problem. Dabei sind Kokain, Partydrogen, Esssucht, Glücksspiel- oder Arbeitssucht typische Symptome der heutigen Spassgesellschaft und ihrer Ideale von Schönheit, Flexibilität und Leistungsfähigkeit.
Egal, um welchen Bereich es geht: Drogen- und Suchthilfepolitik muss in erster Linie danach fragen, wie den betroffenen Menschen in ihrer schwierigen Lebenssituation geholfen werden kann. Dazu gehört auch der VerbraucherInnenschutz und die VerbraucherInnenberatung bei illegalen Drogen einschließlich der so genannter Designer-Drogen. Und letztlich darf auch der Drogenhandel nicht tabuisiert werden. Für Abhängige ist der Dealer überlebensnotwendig, das gilt für Heroin wie für Alkohol. Der wirksamste Schritt zur Hilfe ist also die kontrollierte Abgabe aller Rauschmittel.
REGENBOGEN tritt in Hamburg ein für:
* eine szenenahe und bedarfsgerechte Ausweitung von Gesundheitsräumen, die außerdem auf veränderte Konsumgewohnheiten wie Kokain und Crack angemessen reagieren können. Gesundheitsräume sind keine Verwahranstalten, sondern müssen ein attraktives Angebot für DrogenkonsumentInnen sein
* innovative Maßnahmen und Konzepte im Bereich der Glücksspielsucht, etwa nach dem Vorbild Schleswig-Holsteins
* eine differenzierte, bedarfs- und fachgerechte Ausstattung von Beratungsstellen, die Frauen mit Essstörungen und anderen frauenspezifischen Süchten ein Hilfsangebot bieten
* die Sicherung und den Ausbau der Zentralambulanz für Betrunkene und anderer niedrigschwelliger Hilfeangebote im Alkoholbereich
* ein Drogen-Checking und andere VerbraucherInnenschutzmaßnahmen für DrogenkonsumentInnen, für die Sicherung und den Ausbau der Akkupunkturbehandlung und für innovative Hilfeangebote für Crack-KonsumentInnen
* spezifische niedrigschwellige Angebote für Frauen und MigrantInnen
* die völlige Legalisierung so genannter weicher Drogen
* eine Ausweitung des Methadonprogramms.
wernerbehr - Fr Jun 30, 19:21
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